Constanze Vogt
Brandenburg
Aktualisiert: 3. Jan. 2020
Jetzt gerade sitze ich in einem Bäckereicafé irgendwo in Brandenburg. Der Himmel ist angemessen novembergrau. Die anderen Gäste gehören zu diesem Ort und der Ort durchdringt sie an jedem Tag, an dem sie bleiben. Hier leben die, die übrig geblieben sind. Die mit den großen Hoffnungen sind schon lange weg - nach Berlin, oder noch weiter.
Mir gegenüber sitzt ein älteres Ehepaar. Zwischen ihnen ihr erwachsener Sohn. Sie tragen ihre Kleidung mit Sorgfalt, jedes Teil scheint penibel gebügelt worden zu sein. Der Sohn bewegt sich sehr langsam, isst bedächtig das Stück Schokoladentorte, das er sich ausgesucht hat. Keiner spricht. Es ist nicht nur, dass sie nicht miteinander sprechen. Sie schweigen - jeder für sich.
Ich frage mich wie sie wohnen, wie die Räume aussehen, in denen sie den Rest dieses trüben Samstages verbringen werden. Bei aller Gewissheit, dass diese Familie etwas Tragisches umgibt, sehe ich auch das Warme, das sie verbindet. Etwas an ihnen sagt mir, dass sie etwas aneinander und an diesem Ort haben, dass ihnen keine Metropole hätte versprechen können. Und just in dem Moment, in dem ich das schreibe, betritt ein weiterer Mensch das Café, begrüßt die Familie freundlich, berührt den Sohn kurz sanft an der Schulter. Drei Gesichter öffnen sich.